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Letzte Aktualisierung: 7. Februar 2017

Das Abenteuer HEW Cyclassics 2004
HEW-Cyclassics Banner

Dezember 2003
Als ich Dezember '03 so vor meinem Rechner saß und mich durch das Forum des tour-Magazins arbeitete, fand ich einen Beitrag über das Jedermann-Rennen der HEW-CyClassics in Hamburg, dessen Anmeldetermin für 2004 gerade begann. Ein Radrennen auf abgesperrter Straße, über 115 Kilometer, für jeden der keine Renn-Lizenz besitzt ... und das alles für 14000 Teinehmer? Wie abgefahren ist das denn?!

Da ich eh ein paar Kilos abspecken wollte und der Mann manchmal ein Ziel benötigt, um sich auf den Weg zu machen, meldete ich mich kurzerhand dort an.


Ist-Analyse Dezember 2003
Dickerchen mit Rennrad Mein Körpergewicht war mit 109kg deutlich zu hoch.
Das Rennrad, noch aus einer aktiveren Zeit um 1995, war nicht mehr wirklich Stand der Dinge.
Und die Kondition reichte gerade um die Wäsche aus dem Keller zu holen.

Das kann ja heiter werden!!!

Da reden alle von Ulles (Jan Ullrich) Speckbacken,
aber das hier übertrifft alles!!
Frühjahr/Sommer 2004
Um am 1. August nicht ganz wie der letzte Looser auszusehen, musste einiges getan werden.
Zuerst stellten wir unsere Ernährung um. Da das in der Regel nicht im Alleingang geht schloss sich Christiane mir an, und wir ließen die Kilos purzeln. Ich hab mich schon sehr gewundert, wie man allein durch fettarmes Essen, Gemüse und Obst nahezu ohne Hungergefühl abnehmen kann.
Gleichzeitig verstärkte sich der Drang nach sportlicher Betätigung. Da das im Winter und Frühling draußen schmerzhaft kalt werden kann, hab ich die ersten Ausdauereinheiten (Grundausdauer GA1) auf dem Ergometer im Studio gemacht.
Im Frühling, sobald es in den zweistelligen Temperaturbereich ging, hab ich dann meine ersten Meter auf der Straße gemacht. Die erste Ausfahrt im Februar endet dann nach exakt 22 Kilometer. Ok, dachte ich, sind ja schon fast 115 Kilometer. Von nun an ging es aber von Woche zu Woche besser.

30. Juli 2004
Nach rund 4000 Kilometern auf der Straße, was eigentlich noch zu wenig ist, ist der Tag der Abreise nach Hamburg gekommen.
Mein Kampfgewicht ist jetzt auf 91kg (immerhin 18 kg weniger) geschrumpft und lässt mich deutlich eleganter auf dem Rennrad aussehen.
Ach ja, das Rennrad. Nachdem ich im Laufe des Jahres das Rad geupdatet habe ist mir doch tatsächlich noch der Rahmen verreckt. Und das nur ein paar Tage vor Hamburg. Na toll!
Kurzerhand hab ich einfach alle Brocken ans Zweitrad geschraubt. Eine kurze Probefahrt musste da ausreichen.

So, alles ins Auto und ab nach Hamburg zu Diana und Olaf, meinem Bruder und seiner Lebensgefährtin, zur Unterkunft.


Die Strecke
Die Strecke ist eigentlich nicht als schwer zu bezeichnen. Bis auf die Köhlbrand-Brücke ist alles flach.
Das einzige Problem könnte der Wind sein, der gerne mal aus dem Norden kommt und die Rückfahrt Richtung Hamburg unangenehm schwer machen könnte.

Rundkurs HEW Cyclassics 2004 Profil HEW Cyclassics 2004
115km-Strecke ist rot eingezeichnet

1.August 2004 Renntag

Auf der Rolltreppe Die Nacht zum Sonntag war kurz. Um 6:30 Uhr klingelt der Wecker.
Nachdem ich etwas Müsli gegessen habe, richte ich mein Zeug und befestige die Startnummern an Trikot und Rad. Netterweise haben die beiden Hamburger einige Tage zuvor alle Startunterlagen von der Rennorganisation besorgt, so dass ich mich darum nicht mehr kümmern musste.
Mit der Bahn fahren wir dann ins Zentrum. Jetzt kann man es deutlich sehen. Hier läuft heute was ab, und es hat mit Fahrrädern zu tun.
Wer sein Fahrad liebt..... genau,
der nimmt die Rolltreppe!

Auf der Rolltreppe 8:30 Uhr
Nachdem wir dann meinen Startblock "T" ausfindig gemacht haben, geht das Warten auf den Start los.

9:00 Uhr
Ein Schuss und…… es passiert erstmal nix.

9:20 Uhr
Ah, ja…jetzt! Endlich wird unser Startblock auf die Strecke losgelassen.
Zum Glück zählt die Zeit erst, wenn ich mit meinem Transponder über die Start/Ziel-Linie fahre.

membär.de ...das Forumtrikot Das Trikot ist übrigens eine Eigenproduktion des Rennrad-Forums der Zeitschrift "tour". Es gibt etwa 150 Stück davon.

So, ich steh bereit. Wann geht's los???

Nach dem Start

Start/Ziel-Linie
Die Zielsetzung ist klar:
  1. Überleben!
  2. Rad muss heil bleiben.
  3. Ankommen. Möglichst nicht als Letzer
Demnach beginne ich auch das Rennen. Erstmal sehen, was die anderen so machen und wie die ganze Sache hier abläuft. Gleich am Start lasse ich den ganzen Startblock an mir vorbeiziehen. Hoppla, denke ich, die sind aber fix.
Nach den ersten zwei Kurven sehe ich nur noch ein paar vereinzelte Fahrer vor mir, und hinter mir erahne ich bereits die nächsten Startblöcke.

5km
Nachdem ich mich entschlossen habe, doch etwas mehr zu tun, schließe ich mich einer kleinen Gruppe an, die mit Tempo 35km/h Richtung Stadtgrenze fahren. "Anständiges Tempo" ist so mein Gedanke. Immerhin fährt man im Training eher selten so schnell.
Als dann die Schnellsten aus dem nächsten Startblock an mir vorbeiknallen, reihe ich mich dann trotz hellroter Warnsignale im meinem Kopf - es sind ja noch 110km! - dort ein.

20km
Die nächsten Kilometer sind schnell gemacht. Der Tacho zeigt bei leichtem Rückenwind teilweise Tempo 50 an. WAHNSINN!!!. Die Gruppe läuft gut, und im Windschatten ist es erfreulicherweise nicht so anstrengend wie ich befürchtet habe.
Wir überholen Dutzende von Fahrern und Gruppen aus Startblöcken, die weit vor mir gestartet sind. Na, gibt es etwas Motivierenderes als Überholen?

35km
Vor uns gab es wohl ein Sturz. Ein Polizist versucht winkend vor dem parkendem Rettungswagen zu warnen. Schräg hinter mir ein Sturz. Da hat einer gepennt. Und leider hat sich die Gruppe aufgelöst, Schade.
Nach der Gefahrenstelle findet sich aber sofort eine neue Gruppe, die schnell geht. Also weiter über die Landstraßen Richtung Schleswig Holstein. Außerdem funktioniert hier auch die Überholregelung deutlich besser: Je langsamer desto rechts. Also wie auf der Autobahn.

60km
Die erste Verpflegungsstation kommt in Sicht. Durch eine leichte Unkonzentriertheit stoße ich mit meinem Lenker gegen einen anderen Lenker. Zum Glück ist nix passiert, das hätte ins Auge gehen können. Nach einem kurzen Gespräch und einer Entschuldigung meinerseits, entschließe ich mich dazu, an der Verpflegungsstation nicht anzuhalten.
Meine Beine fühlen sich unerwartet gut an. Klar, hab' ja auch noch nicht wirklich was geleistet. Leider macht sich der Rücken wegen des ungewohnten Rahmens etwas bemerkbar, aber egal.
Einen Energie-Riegel in den Mund, mit Wasser nachspülen, und weiter geht's.

85km
Die nächste Verpflegungsstation kommt in Sicht. Auch diese werde ich ignorieren. Wasser habe ich noch genug, und auch an Energieriegeln mangelt es mir nicht wirklich (Gedächnissnotiz : 2 Riegel reichen, 5 sind zuviel).
Die letzen Kilometer waren jetzt aber deutlich schwerer. Da es jetzt wieder Richtung Hamburg geht und der Wind so leicht von schräg vorne kommt, gibt es kaum noch schnelle Gruppen. Will halt keiner vorne fahren.
Nach der Verpflegungsstation kommt eine kleine Steigung. Da viele hier Ihre Verpflegung sortieren, wird es plötzlich eng auf der Straße. Na super! Um schneller voran zu kommen, benutze ich sogar den Fußweg und Parkbuchten. Danach geht es wieder besser.
Meine Strategie sieht so aus: Durch die hohe Anzahl an Fahrern haben sich viele Gruppen gebildetet. Also fahre ich zu einer Gruppe vor, ruhe mich ein paar Sekunden im Windschatten aus und fahre dann zur nächsten Gruppe vor. Das hohe Tempo von 40 Sachen im Wind bezahle ich jedesmal mit brennenden Oberschenkeln. Aber was soll's, ist ja auch kein Sonntagsausflug.

105km
Die letzen Kilometer laufen sehr gut. Zwar gibt es kaum noch schnelle Gruppen, aber die Strecke ist im Moment sehr verwinkelt und im Bereich des Hafens durch Schienen, scharfen Kurven und Verkehrsinseln etwas unübersichtlich und recht gefährlich.
Ich beschließe, im Hafen noch mal auf einen Energieriegel zurück zu greifen. In dem Augenblick, als ich den ersten großen Bissen im Mund habe, baut sich die Köhlbrand-Brücke vor mir auf. Exzellentes Timing, denke ich so bei mir. Also schnell so viel runterschlucken wie möglich. Der Rest landet dann mit einem lauten "Pong" an einem rot-weißen Signalschild am Fahrbahnrand.

Köhlbrand-Brücke
Auf der Koehlbrand-Bruecke Koehlbrand-Brueke

Jetzt geht es auf 1800Meter Länge von 0 auf fast 50 Meter hoch. Viel hab ich über diese Brücke gehört. Es soll Leute gegeben haben, die hier aufgegeben haben oder ihre Räder hochschoben.
Da sich meine Beine wieder richtig gut anfühlen und es ja auch eigentlich nur noch wenige Kilometer bis zum Ziel sind, wähle ich die Kurz-aber-schmerzhaft-Methode. Um mich herum rasseln nach wenigen Meter Anstieg schon die Umwerfer. Entweder werde ich schneller oder die anderen langsamer, man weiß es nicht genau. Ziemlich schnell gesellen sich noch zwei Fahrer zu mir und gemeinsam heizen wir mit ca. 30 Klamotten die Steigung hoch. Geschwindigkeitsrausch bergauf? Mal was ganz Neues.
Oben stellt sich dann noch ein Fotograf in den Weg. Aber ganz ehrlich, wenn einem gerade die Oberschenkel explodieren, deutlich zu wenig Sauerstoff in der Luft ist und es vor den Augen schwarz wird, dann ist einem das völlig egal! Am Fotograf vorbei geht es dann mit Tempo 75km/h 2km hinunter. Schööööön!!!



Ziel Das Ziel ist erreicht

1500Meter vor dem Ziel kommt völlig unerwartet eine fiese 600 Meter lange Steigung in Sicht. Wo kommt die denn her?? Davon hat keiner was gesagt!! Aber ich halte mich an's Altbewährte und bleibe im großen Gang. Aus dem Sattel und rauf auf den Hügel Richtung Ziel.
Ab der 100Meter Marke höre ich schon viele jubelnde Leute. Um die Zieleinfahrt etwas besser genießen zu können, nehme ich dann Geschwindigkeit raus und fange wie automatisch an, in alle Richtungen zu winken. Ein Blick um mich herum zeigt mir, dass sich auch meine Mitstreiter vom Wink-Fieber anstecken lassen.
Die Ziellinie!! Ich hab es geschafft. Die Anspannung fällt plötzlich von mir ab und weicht einer großen Freude über das Erreichen des Ziels.
Eins ist mir sofort klar: Nächstes Jahr bin ich wieder mit dabei!



Ergebnis
Zeit :
3:01.28,9
Platzierung:
"Over all" 1494. von 6354 gewerteten Männer über 115km
Alterklasse Senioren I 745. von 2398 Startern

Dafür das ich auf "ankommen" gefahren bin und nicht von Anfang an Vollgas gegeb habe ist das wohl ein sehr gutes Ergebnis. Ich bin auf jeden Fall zufrieden.

Ich hab mich dann noch bis zur Transponder-Abgabe durchgekämpft. Transponder abgeben
Und ab mit der U-Gahn heim

Nach dem Rennen ging es mir besser als erwartet. Ich war aber schon froh, dass es jetzt nach Hause ging. Immerhin wartete ein Haufen Nudeln auf mich.


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